The Look Dokumentarfilm
von Angela Maccarone
Die grande dame des englischen und französischen Films wird in einem Dokumentarfilm in Spielfilmlänge gewürdigt. Sie wollte im Gespräch mit Freunden, Fotografen, Schriftsteller und weniger bekannten Freundinnen dieses Projekt gestalten. Zu verschiedenen Themen wie Tod, Liebe, Exponiertsein, Dämonen, Schönheit, Alter und Tabu werden sie alle ins filmische Boot geholt.
Paul Auster war sogar konkret in seinem Boot -für Charlotte Kaffee kochend und über Schönheit dozierend - zu bestaunen.
Obwohl Paul Auster als beeindruckender amerikanischer Linksintellektueller eine Größe für sich ist , kam er in dieser Sequenz nicht sehr inspirierend herüber. Was kann er gegenüber Charlotte Rampling anderes sagen als, dass ihm gleichaltrige Frauen immer noch attraktiv erscheinen, auch seine eigene Frau, wie er betonte. Siri Hustvedt hätte ihm sicher ganz schön etwas erzählt, falls die weibliche Schönheit in höherem Alter in Frage stellt worden wäre.
Die einzelnen Themenkreise wurden immer wieder mit Sequenzen aus ihren Filmen ergänzt, so dass das Thema Schönheit und Alter allein durch die Gegenüberstellung der jungen Frau im Film und der jetzigen gespiegelt wird.
Beeindruckend war das Gespräch mit Lindbergh einem deutschen Fotografen, der Jahrzehnte ihre Laufbahn begleitet hat. Sie tauscht die Rollen, nimmt die Kamera und fotografiert ihn. Dieser Wechsel, den sie ihm gnadenlos aufbürdet, macht ihm sichtlich zu schaffen. Die Dominanz im Umgang mit dem befreundeten Fotografen bekommt man ab und zu auch im Umgang mit der Regisseurin und der Filmcrew mit.
Diese Einblicke fand ich interessanter als die Gesprächsinhalte zu Tod oder Alter, zu denen Frau Rampling und Gesprächspartner nur Allgemeines sagen können. Biographische Informationen, oder Angaben zu den Gespächspartner sollten auf Wunsch von Rampling nicht im Vordergrund stehen.
Nur im Dialog zum Thema Tabu mit dem Fotografen Jürgen Teller sprechen die beiden über die schnell entstandene Vertrautheit und Verbundenheit, die sie beide darauf zurückführen, dass beide einen nahen Familienangehörigen durch Selbstmord verloren haben. Warum sich Charlotte Rampling aber für eine Werbekampagne hergegeben hat, die den exhibitionistisch veranlagten Fotografen im Bett mit ihr zeigt, hat sich mir nicht erschlossen. Diese Art von Tabu kennen wir doch alle: der nackte Künstler auf dem Flügel mit dem Hinterteil zum Betrachter gewendet, aja !
Den Zwang ihres Vaters den Selbstmord ihrer 23jährigen Schwester der Öffentlichkeit und der Mutter gegenüber als natürlichen Tod auszugeben, die verheerenden Auswirkungen eines solchen familiären Tabus zu besprechen hätte nahe gelegen. Natürlich bestimmt der Mensch, der zuläßt, dass ein Film über ihn gedreht wird, die Tiefe und Authentizität des Dargestellten.
Zum Thema Tabu werden natürlich ergreifende Szenen aus den Tabubrechern per se ihrer Filmlaufbahn , dem Nachtportier, und die Verdammten eingespielt. Das Verhältnis zwischen Opfer und Täter im Konzentrationslager.
Dirk Bogarde, der Filmpartner hat damals den Ausdruck „the look“ für Charlotte Rampling geprägt. Der Film setzt insgesamt einen gut informierter Zuschauer voraus.
Charlotte und ihren Sohn Barnaby Southcombe sehen wir in einem Boxring, sie führen eine Schauspielübung durch, ein plötzlicher Wechsel zu einem andern Thema, ob der Vater besucht werden soll, überrascht und läßt wieder vieles offen.
Das Gespräch zum Thema Tod wird beim Spaziergang über den Friedhof geführt. Dieser Regieeinfall bringt einem Filmstudenten sicher nicht ein großes Lob für Originalität ein.
Vor kurzem war Joschkas Fischer Filmportrait zu sehen, das habe ich mir nicht angetan. Personenkult um Politiker widerstrebt mir in hohem Maß. Womöglich Joschka Fischer nackt auf dem Klavier !
Ich habe mir den Film The Look angeschaut, weil Charlotte Rampling, eine Ikone der europäischen Filmgeschichte, mit sensationellen Regisseuren in provokanten Filmen gedreht hat, und zudem scheint sie ein sehr intensives selbstbestimmtes Leben mit starken Höhen und Tiefen geführt zu haben. Davon habe ich mir wiederum einen starken aussagekräftigen oder berührenden oder kontroversen Film versprochen. Die Filmexpertin Rampling und die schüchtern ergeben wirkende Regisseurin Angela Maccerone (Video oben) hätten doch die Chance gehabt, etwas Großes zu machen, auch bei Ramplings Vorgabe keine Szene zu wiederholen, alles live!
Im 3seitigen Interview im Spiegel sagt sie gegen Ende:
„Ich mache Dinge sichtbar, die unsichtbar sind.“ und fordert den Journalisten auf,“ schreiben Sie das und Sie werden ein paar Leser kriegen.“
Was wird denn dabei sichtbar?
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Hi Movidora,
AntwortenLöschendiesmal habe ich den Film auch gesehen, und kann mitreden. Ich stimme Dir zu, der Film hat wirklich seine Schwächen. Meines Erachtens, wurde auch das Thema "Schönheit" überstrapaziert. Natürlich ist sie schön, aber was ich an ihr eigentlich immer bewundert habe, ist ihre Andersartigkeit, ihre Unabhängigkeit,
Ihren Wagemut, Filme zu drehen die Tabus brechen, eine bemerkenswerte Schauspielerin mit Charakter, ja und "der Blick". Insofern habe ich den Film gerne gesehen, wenn ich mir auch vorstellen könnte, dass man ihn kreativer, wagemutiger, ungewöhnlicher hätte inszenieren können ... passend zum Charakter der Rampling. Herzliche Grüße von Siri