Samstag, 9. Juni 2012

Monsieur Lazhar von Falardeau nach Theaterstück von Evelyne de la Chenelière

Der kanadische Monsieur Lazhar steht auf der Liste der von den Ländern vorgeschlagenen besten ausländischen Filmen für die entsprechende Oscarkategorie. Er wurde im Genre Komödie als nach tragischem Beginn heiterer Film gepriesen. Der sehr bekannte algerische Komiker und Schauspieler Mohamed Felag übernimmt die Rolle des strengen Monsieur Lazhar, der im Exil in Kanada ohne Erfahrung und Ausbildung eine 6. Grundschulklasse unterrichtet. Die Schule braucht dringend einen Ersatz, da sich die beliebte Klassenlehrerin umgebracht , im Klassenzimmer aufgehängt hat. Eine Schülerin und ein Schüler sehen die Lehrerin , die ganze Schulgemeinschaft ist erschüttert. Wie es nun dem neuen Lehrer gelingt entgegen jeder modernen Pädagogik der Klasse beim Verarbeiten des Traumas zu helfen, stellt Schulverwaltung, Psychologen und Lehrer in den Schatten.
Er selbst muss in der Zeit einen Prozeß durchstehen, ob er als Exilant im Land bleiben kann, und dazu noch den Verlust seiner Ehefrau, eine erfahrene Lehrerin, und seiner Kinder verarbeiten. Sie sind im Heimatland durch Gewalt des Regimes zu Tode gekommen. Weil sie nicht schnell genug nach Kanada nachreisen konnten, macht sich Lazhar Vorwürfe.
Ein ehrenwertes Thema, das auf einem erfolgreichen Theaterstück "Bachir Lazhar" von Évelyne de la Chenelière  beruht. Die Autorin tritt in einem Cameoauftritt als Mutter der am meist traumatisierten Schülerin auf. Frau De la Chenelière gibt eine Pilotin, die sich nach dem  Selbstmord der Lieblingslehrerin ihrer Tochter nicht um sie kümmern kann.
Insgesamt hat mir der Film nicht gefallen: Mohamed Felag ist als strenger , in sich gekehrter Lazhar für mich nicht überzeugend, so dass die Sympathie, die ihm Schüler und Kolleginnen entgegenbringen, nicht nachzuvollziehen ist. Filmische Möglichkeiten werden kaum genützt, das Gefühl ein Theaterstück, Sprechtheater zu sehen bleibtbis zum Ende.  Zwar wird der Schulalltag technisch gut gefilmt, die Schnitte passen, die Atmosphäre in Pausen, im Klassenzimmer,  dem Hof, beim Klassenfest, im Lehrerzimmer, am  Schuljahresende , alles sind interessante Einblicke ins kanadische Schulleben. Wie überhaupt in den letzten Jahren französische Regisseure mit  Entre les murs und Etre et avoir sensibel und spannend Kinder im Lebensraum Schule filmten.  
Immer wieder war ich überrascht, dass es gelingen kann, so viele Kinder oder Heranwachsende zum Zusammenspielen zu motivieren, ihnen schauspielerische Leistungen abzufordern oder authentische Situationen so delikat einzufangen, dass die Jugendlichen ihre Unbefangenheit behalten.
Im Film Monsieur Lazhar ist es auch diese Leistung, die ich am meisten anerkenne: die jungen Schauspieler sind beeindruckend, besonders die beiden direkt betroffenen Kinder. Ihnen gönne ich die Auszeichnung durch die Oscarnominierung. Ansonsten kann ich Kanadas Wahl nur aus filmfernen Gründen nachvollziehen. Das Land präsentiert sich als letzendlich offenes, mehrethnisches Land, in dem Exilanten aus diktatorischen Ländern aufgenommen werden,  die Schule bemüht sich um Vermitteln von multikulturellen Werten und um professionellen Umgang mit  traumatisierten Schülern.


Deutschland hat gar keinen Spielfilm nominiert. Frankreich La guerre est déclarée, auch ein schwieriges Thema um ein krebskrankes Kind, jedoch außergewöhnlich, modern gefilmt von den betroffenen Eltern. Den Oscar erhalten hat der Film A Seperation eines iranischen Regisseurs.
Bis auf bald  und ohne Neues aus der Schule
Grüße von
Movidora

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