Mittwoch, 28. September 2011

Rimini-Protokoll 100 Prozent Karlsruhe


Liebe Leser,


unter Rimini - Protokoll gibt es keinen Thriller oder einen italienischen Mafiafilm zu finden, wie man vielleicht meinen könnte. Auch habe ich dieses Mal den Kinosaal für eine Theaterbühne tauschen müssen oder dürfen.
Riminiprotokoll, der Name steht als Label für ein Theaterkollektiv, Begründer eines neuen Reality Trends, die seit einigen Jahren Produktionen zwischen Realität und Fiktion international in Szene setzen.
Vom Verfassungsgericht in Karlsruhe war die Gruppe engagiert worden , um nach den Reden zum 60jährigen Festakt des Verfassungsgerichts das „Volk auf die Bühne“ zu bringen. Das gelang 100% perfekt, besser hätte eine Umsetzung dieser Idee nicht sein können.
„100 Prozent Karlsruhe“ lautet der Titel der Produktion in Karlsruhe, sie wurde als Fortführung eines Berliner Projekts in der Stadt des Rechts, in Karlsruhe, umgesetzt und für den Festakt des Verfassungsgerichts verändert.
Selten habe ich im Theater eine spannendere Vorführung gesehen. Vorführung trifft die Sache nicht:
100 Karlsruher Bürger standen auf der Bühne. Das klingt langweilig und nach veranschaulichter Statistik:
4% Asiaten, 33% ledige Mühlbürger, 3 % verheiratete Durlacher, 24 % …....
Die 100 Personen wurden durch eine Aktion im Kettenmodus ausgewählt , beginnend mit einer Angestellten des Gerichts sucht jeder Teilnehmer einen weiteren, einen Bekannten, der repräsentativ nach Stadtteil, Geschlecht, Alter, Status und Herkunft die 100 Personen vervollständigt.
Jeder stellte sich kurz vor , danach wurden spontane Fragen gestellt, die Nein- und Jasager teilten sich nach rechts und links. Selbst bei der Frage „Sind Sie für die Todesstrafe“ wagten sich sich die etwa 5-8% Anhänger der Todesstrafe dazu zu stehen und standen im wahrsten Sinne des Wortes bei ihrem Nein.
Andere Fragen zu wichtigen Themen wie Haltung zur Eurorettung oder Stuttgart 21 fielen ebenso wie Fragen zur Zugehörigkeit zu sozialen Netzwerken. Ein älterer Herr, ehemaliger Bundesanwalt, verheiratet , bekannte sich, dazu, dass er als homosexueller Mensch lange auf die heutige Gesetzgebung gewartet hat. Spontane direkt ins Mikrophon gesprochene „Mike-phasen“ und dramaturgisch geübte Phasen zeigten bewegende Minder- und Mehrheiten.

In der ersten Reihe saßen Frau Merkel, Herr Wulff, Herr Kretschmann und natürlich sämtliche Richterinnen und Richter von Rang und Namen der Bundesrepublik, ihnen wie den 300 Karlsruher Bürger wurden auf diesem anschaulichen Weg mehr Denkanstöße gegeben als durch manche Grußworte oder Reden, die anlässlich der Feier gehalten wurden.

Sollte Riminiprotokoll bei Euch in der Stadt ein Projekt durchführen, geht hin als Teilnehmer oder Zuschauer, geht hin, nehmt teil! Den schönen Film schaut er eben am nächsten Tag!

Eine sonnige Woche
Movidora




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