Dienstag, 4. Oktober 2011

The great Crash - Margin Call

ein neuer Wallstreetfilm, nach den zweien von Oliver Stone zu diesem Thema, war ich mir nicht sicher, ob ich im Oktober 2011
darauf Lust habe. Aber der Film von J.C. Chandor hat sich gelohnt.
Nur eine Nacht umfasst die reale Zeit , die Chandor den Zuschauer in komprimierter spannender Form miterleben läßt. Wie Chandor im Interview zugibt, hängt die Beschränktheit auf Zeit und Raum, eine Etage in einer Investmentbank, auch mit Zwängen des geringen Budget zusammen, das er in seinem ersten Spielfilm zur Verfügung hatte.
Ein Glücksfall für alle, dass er dennoch hervorragende Schauspieler für sein selbst geschriebenes Drehbuch gewinnen konnte. Jeremy Irons, Kevin Spacey, Stanley Tucci und Demi Moore ließen sich aufgrund der Qualität des Projekts begeistern.  Sie alle verkörpern das Personal, das obere und mittlere Management einer Investmentbank. Es könnte die Lehmann & Brothers im Jahr 2008 sein.
J.C.Chandor kennt die Psyche und den Alltag der Banker und Broker nicht aus eigener Berufserfahrung, sondern aus seinem Elternhaus. Sein Vater arbeitet 40 Jahre lang in der Wallstreet.
Seinem Sohn ist es gelungen, den Beginn der Krise in eine Situation in einer Nacht zu bündeln und so perfekt im Film zu verdichten, dass man wirklich von einem Wirtschaftsthriller sprechen kann. 
Der Zuschauer kennt den Fortgang des Crashs ebenso wie er im Film  "Titanic" am Untergang des Dampfers keinen Zweifel hat und trotzdem bleibt der Film spannend bis zum Ende.
Die Handlung beginnt mit der Entlassung von Eric Dale, einem leitenden Risikobewerter einer Bank. Wie oft zur Zeit in amerkanischen Filmen läuft der gefeuerte Angestellte in den Händen den Pappkarton mit den privaten Büroutensilien durch die Glastür seines Officegebäudes.
Beim Verlassen gibt er noch seinem Zögling einen Datenstick mit einer nicht völlig zu Ende berechneten Kalkulation in die Hand :“Seien Sie vorsichtig“.
Ab jetzt läuft das Untergangsszenario, der brillante junge Analyst kommt zur Erkenntnis, dass die Bank bereits durch hochriskante Hypothekenpapiere nicht mehr zahlungsfähig ist. Der oberste Chef wird mit den Vorstandsmitgliedern und den an der Aufdeckung beteiligten Angestellten nachts die Lage besprechen. Geniale prägnante teilweise auch humorvolle Dialoge angesichts der unaufwendbaren Katastrophe zwischen allen Beteiligten. Es geht um die Suche nach einer Lösung, die jedoch immer unaufhaltsamer auf das Abstoßen der „toxic assets“ am nächsten Morgen mit Börsenbeginn hinauszulaufen scheint.
Was auf dem Spiel steht ist allen klar, dieses Mal nicht nur wie in der Anfangsszene der Arbeitsplatzverlust von einzelnen von ihnen selbst. Die verschiedenen Ebenen der Verantwortung für diesen Crash ihrer Bank, der alle Banken, die Wirtschaft der USA und der Welt beeinflussen wird, sind in einem Raum beisammen.
Jedoch werden sie nicht einseitig als ausschließlich gierige Profiteure eines zügellosen virtuellen Treibens dargestellt. Klar wird, dass an der Wallstreet die besten jungen Absolventen der Universitäten mit enormen Einsatz ihre Aufgabe anpacken. Ihre Fähigkeiten hätten sie genauso gut der Weltraumfahrt , dem Brückenbau oder sonstigen Aufgaben der realen Welt zum Wohl der Gesellschaft einbringen können. Manche  sehen ihre Verantwortung und, sind wie in andern Berufen auch mal mehr mal weniger auf das eigene Fortkommen oder die Familie bedacht. „Der Anleger will große Autos, tolle Häuser“....“wir geben sie ihm“.
Am Schluß des Filmes dämmert der neue Tag, die Entscheidungen sind gefallen, der Ausverkauf der faulen Papiere beginnt.
Keine Schwarz-Weißmalerei in diesem Film, keine Helden, keine Gutmenschen aber auch keine Gordon Gekkos.
Mein Eindruck war, genauso könnte sich dieser Tag im Herbst 2008 abgespielt haben und viele solcher Tage könnte es noch geben in unserem zunehmend virtuellen kapitalistischen System. Wir alle wollen es so, oder nicht?

Movidora
PS:
Im mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm "Inside job" 2010 von Charles Ferguson begeistert oder entsetzt je nach 
Gemütsverfassung die Abbildung der Fakten von 2008 den Zuschauer, aber auch lohnenswert.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hallo movidora,
...hört sich gut an!!
Scheint ein spannender,hochakteller Film mit tollen Schauspielern zu sein!
Geld ist Macht und Macht fasziniert.Das war schon immer so und wird immer so sein;nur entscheiden heute die Computer wer gewinnt und wer verliert.
Wollen wir das wirklich so??

Anonym hat gesagt…

Hola,amiga mia,

nachdem wir schon gemeinsam eine Vorschau im Kino gesehen haben, ich jetzt deinen Kommentar gelesen habe, bin ich nun wild entschlossen mir den Film in voller Länge anzusehen.
Weiterhin viel Spaß und Befriedigung bei deinem neuen Hobby.Anerkennung und Erfolg werden sich sicherlich schnell einstellen.Also weiter so !

Burki

siri hat gesagt…

Oh, da spielt ja Simon Baker mit, diese schöne Mischung aus Robert Redford und Oliver Geissen. Wahrscheinlich in einer Nebenrolle, oder? Den sehe ich gerne, und natürlich Jeremy Irons. Manchmal gehe ich ins Kino, nur weil mir ein Schauspieler gefällt, oder wenn der oder der mitspielt, muss der Film gut sein.
Wallstreet ... Brisanter und aktueller, geht es ja kaum. Hier noch ein Link aus zeit-online:
http://www.zeit.de/kultur/film/2011-02/berlinale-margin-call/seite-1
Grüße von Siri