Montag, 14. November 2011

Cheyenne This must be the place Die Entschleunigung



Robert Smith  Cure    
Wer Lust hat auf 125 Minuten Sean Penn – häufig Großaufnahme - mit Soundtrack von David Byrne, dem Sänger von Talking Heads, für den war und ist dieser Film ein absolutes Must. Für mich war das etwas anders. Im Trailer Sean Penn in der clownesk wie Robert Smith geschminkten Aufmachung zu sehen, machte mich nur ein bißchen neugierig . 
Hätte mich der Regisseur des Films Paolo Sorrentino nicht interessiert, hätte ich den Film wahrscheinlich verpaßt. Sorrentino hat 2008 den Festivalpreis in Cannes  für IL DIVO bekommen. Eine Politsatire , in der er den umstrittensten italienischen Nachkriegspolitiker Andreotti, der 29 Mal Minister war und genauso oft angeklagt und freigesprochen wurde, auf Korn nahm. Nach Berlusconis Rücktritt und den zu erwartenden Volten der italienischen Regierungsbildung wird er sich vielleicht wieder an italienische Themen machen. Das wird sicher sehr unterhaltsam, die Realität in Italien langt manchem ja schon ohne zusätzliche Satire.

Deshalb wollte ich Cheyenne sehen. Sean Penn verkörpert genial diesen angeschlagenen ehemaligen Rockstar, der infolge von Drogenmißbrauch in seiner aktiven Zeit mit schleppender Sprech- und Gehweise an seinem Wohnort in Irland und danach in USA einen Trolley ziehend und Limo nuckelnd  auf der Suche nach dem deutschen Nazipeiniger seines verstorbenen Vaters ist. 
Wow – so eine Geschichte in einen Satz , oder korrekt gesagt in einen Film dazu noch in Road-Movie-Manier zu packen , das klingt nach schräg, oder größenwahnsinnig oder eben italienischer Kreativität.

Mit Cheyenne, dem sympathischen Rockstar, hat sich Sorrentino eine skurrile, phantastische Geschichte ausgedacht: Cheyennes Vater in USA ist schwerst erkrankt , Cheyenne reist trotz Flugangst und einer ausgeprägten Ablehnung, Alltagaufgaben ohne Ehefrau zu erfüllen, ans Sterbebett des Vaters.
Er übernimmt dessen Suche nach einem ehemaligen KZaufseher, von dem er in Ausschwitz gedemütigt wurde. Er macht sich auf einen Trip durch die USA mit vielen Begegnungen, die es ihn sich haben:  ein jüdischer Nazisucher (ähnlich wie Wiesenthal ),  der echte David Byrne in einem Cameoauftritt, der den titelgebenden Song This must be the place spielt , ein Waffenhändler in der tiefsten Provinz, Menschen in Tankstellen und Bars, einen stummen Indianer, den Erfinder des Trolleys (echt oder nicht ), eine Geschichtslehrerin …...
Es überlagern sich die Suche nach sich selbst, nach Reifung , die Suche nach Schuld und Sühne, und letzendlich die Suche nach der Vaterliebe. Schuldig fühlt sich der alternde Popstar, weil sich 2 junge Menschen nach seinen depressiven Songs umgebracht haben. Nach Vergeltung suchte sein Vater sein Leben lang. 30 Jahre hatten Vater und Sohn keinen Kontakt, 20 Jahre hat Cheyenne keine Gitarre mehr angefaßt. 
Das Leben war bei beiden Männern zu einem bestimmten Punkt wie festgefroren. Man könnte ihr Verhalten beharrlich oder unreif nennen, unbewältigte Vergangenheit sei es als vermeintlicher Täter oder als Opfer lähmt die Lebenskräfte.
Gegen Ende der Suche kauft Cheyenne eine Waffe und findet auch den KZAufseher in der Wildnis...

Vieles klingt nach Klischee, nach Entwicklungsroman und zusammengeklaubten Einzelteilen, alles trifft auch zu. Der Film hat mich dennoch oder gerade deswegen gepackt und unterhalten.
Der clowneske integre Cheyenne wuchs mir immer mehr ans Herz. Die Dialoge hatten trotz Langsamkeit der Sprache Witz und Esprit. Bildschöne Bilder, Inszenierungen, Kameraführung und Soundtrack ließen die Geschichte so sehr in den Hintergrund treten, dass selbst nach dem Abspann die Zuschauer sich nur ganz behutsam   aus    den         Se  s     se   l   n           e      r       h       o          b            e               n              .

2 Kommentare:

siri hat gesagt…

Bildschön geschrieben. Den Film muss ich unbedingt sehen. Wenn man den Trailer anschaut, kann man sich dem Regen-Blick (die Zeit) von Cheyenne schwer entziehen. Besser als mit Sean Penn, konnte man Cheyenne glaube ich nicht besetzen. Ich bin immer begeistert, wenn die Besetzung perfekt ist. Sehr überzeugend. Grüße von Siri

movidora hat gesagt…

Vielen Dank für deinen positiven Kommentar. Bisher hatte ich bei Filmen insgesamt eher Regisseur, Thema oder Drehbuch als ersten Anhaltspunkt für mein Interesse. Zunehmend merke ich jedoch , dass die Faszination, ob der Film berührt oder nur eine Aussage transportiert, mehr als ich wahrhaben wollte, mit der Wahl des passenden Schauspielers zusammen hängt. Bei dem weniger bekannten Film "4 Tage im Mai" schien mir dies auch der Fall zu sein. Hoffen wir auf gute CAster und Casterinnen.