Mittwoch, 14. Dezember 2011

Habemus Papam - zwischen Glaube, Psychoanalyse und Schauspiel -Ein Papst büxt aus -


Viele lustige, ironische aber auch besinnliche Szenen zeigt uns der italienische Regisseur und Schauspieler Nanni Moretti in seinem neuesten Film Habemus Papam.  Er selbst stellt  in seiner Komödie  einen Psychoanalytiker dar, der den unvermutet zum Papst gewählten Melville von einer plötzlichen Krise heilen soll.
Noch bevor er sich der wartenden Menschenmenge zeigen kann, bekam dieser  einen Nervenzusammenbruch, der jedoch vom eifrigen Pressesprecher der Weltöffentlichkeit und der Kurie in seiner ganzen Tragweite verheimlicht wurde.  Melville gelingt es  den Vatikan zu verlassen , spaziert-  extra muros- durch Straßen des weltlichen Roms, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob er der Bürde dieses Amts gewachsen ist. Die Kardinäle müssen - intra muros - verharren, bis die Wahl des neuen Paptes bis zum letzten Akt, dem öffentlichen Zeigen vor der Menge, vollendet ist.

Die Innenaufnahmen wurden teilweise im Palazzo Farnese, einem der schönsten Renaissancepaläste Italiens, der heutigen Französischen Botschaft gedreht. Mit Voranmeldung kann man ihn sogar in kleinen Gruppen besichtigen.   Die Sixtinische Kapelle wurde in Cinecittà nachgebaut, der Vatikan stellt die eigenen Räume nicht zur Verfügung.  
Trotz der vielen Spitzen, die der  Psychoanalytiker gegen die Kirche äußert,  werden alle Vertreter der Kirchenhierarchie mit Respekt und mit  ihren sympathischen Schwächen und Stärken gezeigt.  
Mir hat besonders Eindruck hinterlassen, wie Moretti die Psychoanalytiker als dogmatische auf  kindheitsdefizitfixierte Pragmatiker darstellt, den Protagonisten, den obersten Kirchenfürsten,  jedoch als  zweifelnden sensiblen Menschen, der an der Suche nach seinem Weg leidet.
Der Regisseur, dem es an Selbstbewußtsein nicht mangelt, gibt zu, dass ohne den brillanten Piccoli der Film nicht so gut geworden wäre. Jedoch nicht nur Piccoli, auch alle andern Schauspieler passen hervorragend in ihre Rollen und spielen überzeugend. Schauspielerei spielt inhaltlich zusätzlich eine besondere Rolle, da Melvilles Berufswunsch sich auf der Theaterbühne und nicht im Talar hätte verwirklichen sollen.
Lustige Szenen mit  der Schweizer Garde, - ein Soldat muss sogar im Papstzimmer so tun, als wäre der Papst anwesend, - Volleyballspielende ältere Kardinäle aus verschiedenen Kontinenten, die Details der Papstwahl mit den üblichen Eitelkeiten und nach dem Gesang von Mercedes Sosa swingende Priester; es gibt genügend Anlässe zum vergnügten Schmunzeln und zum herzhaftem Lachen.
Obwohl  der Plot von Habemus Papam dies nicht unbedingt vermuten läßt, unterhält die hindernisreiche Papstwahl das Publikum in den grauen Adventstagen mit intelligentem Wortwitz, lichterfüllten Bildern aus der Hauptstadt Italiens und der Hauptstadt der Christen.

Movidora

2 Kommentare:

siri hat gesagt…

Sehr cool. Da wird deutlich, dass ein Papst auch nur ein Mensch ist und angesichts der Verantwortung als "oberster Vertreter Gottes auf Erden" in die Krise kommen kann. Tolle Idee, ohne das Papsttum an sich an den Pranger zu stellen. Auch die neuzeitliche Verbindung von Psychoanalyse und Spiritualität finde ich interessant, ging man doch davon aus, dass Gott allein alles richten kann ... wieder mal ein klasse Filmtipp.
Gruß Siri

movidora hat gesagt…

Vielen Dank, Siri, für deinen Kommentar. Gott im Film hilft dem Anschein nach keinem weiter, weder werden die Kardinäle in die Lage versetzt, einen fähigen Kandidaten erwählt, noch bewältigt dieser seine Selbstzweifel. Die Unfehlbarkeit würde sich bei Melville im Zweifel manifestieren, cooler Gedanke, wie du schreibst.